Hexenverfolgung in Franken: Haus einer Frau angezündet

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00:00:03: Abgründe.

00:00:04: Der Kriminalpodcast des Verlags Nürnberger Presse.

00:00:08: Echte Verbrechen, echte Fälle.

00:00:11: Mit unseren Gerichts- und Polizeireporterinnen und Reportern.

00:00:22: Für alle Abgründefans aus Nürnberg und der Region habe ich jetzt noch ne... Ganz besondere Ankündigungen.

00:00:27: Markiert euch schon mal den twenty-fünfzechsten November dick im Kalender, denn an diesem Abend gibt es euren Lieblings True Crime Podcast, das ersten Mal live auf der Bühne zu sehen.

00:00:37: Wir sind im Zettbau in Nürnberg und da tauchen wir gemeinsam mit euch eine Recherche rund um die Abgründe der Coaching-Szene.

00:00:46: Es wird um einen österreichischen Online-Coach gehen, der sich als Heilsbringer inszeniert, während er gefährliche Ideologien verbreitet.

00:00:54: Zu seinen Therapiemethoden gehört es, Frauen zu schlagen, zu misshandeln und bis zur Bewusstlosigkeit zu wirken.

00:01:01: Aussteigerinnen und Expertinnen fürchten, dass irgendwann jemand dabei sterben könnte.

00:01:07: Meine Kolleginnen Nina Kammleiter und Nina Eichenmüller haben ein Jahr lang zu dieser rituellen Gewalt recherchiert und haben tiefe Einblicke bekommen, warum sich Menschen diesen Coach anschließen, was sie dort durchleben mussten, wie es manche wieder rausgeschafft haben und wie Familienmitglieder auch aus unserer Region Tag für Tag um ihre Liebsten bangen.

00:01:29: Wenn ihr diesen Abend nicht verpassen wollt, könnt ihr euch Tickets sichern, den Link dazu findet ihr natürlich in den Show Notes.

00:01:36: Und für alle, die nicht dabei sein können, an diesem Abend, also am fünfundzwanzigsten November, launchen wir zusätzlich eine vierteilige Podcast-Serie zu dieser Recherche.

00:01:46: Merkt euch also gerne schon mal den Titel vor, nämlich Prügel fürs Karma, die Abgründe der Coaching-Szene.

00:01:53: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Abgründe, dem True Crime Podcast zum verlagenden Bergerpresse.

00:01:59: Mein Name ist Lena Wölke.

00:02:00: Und heute ist Christian Bauriedl von den nordbayerischen Nachrichten bei uns.

00:02:04: Hi, Christian.

00:02:05: Hallo.

00:02:07: Und heute spreche ich mir über ein Fall, ich habe mich so doll gefreut, als du zugesagt hast.

00:02:12: Der Fall liegt mehr als sechszig Jahre zurück und es geht um eine Frau, die als Hexe verfolgt wird.

00:02:19: Die wird im Ort gemieden und irgendwann brennt ihr Haus.

00:02:25: Und jetzt, also wenn man sich, das ist natürlich jetzt überhaupt nicht lustig, aber was ich schon kurios daran finde, ist die Tatsache, dass wir über Hexenverfolgung sprechen und zwar in den neunzehntetsechziger Jahren und das mitten in Franken.

00:02:38: Das ist, es klingt schon durchaus ein bisschen unglaublich.

00:02:42: Ja, das klingt tatsächlich unglaublich, aber das hat sich so zugetragen und Man muss natürlich dazu sagen, dass das Wort Hexenverfolgung in dem Zusammenhang ein bisschen zu hochgegriffen ist, weil es ja keine echte, es ging nicht um eine Hexenverfolgung.

00:02:59: Es ist auch immer mal wieder die Rede vom letzten Hexenprozess Europas oder so.

00:03:05: Das ist natürlich Quatsch.

00:03:05: Ein Hexenprozess war es damals am Landgericht Bamberg nicht.

00:03:09: Damals stand ein Mann vor Gericht wegen Brandstiftung.

00:03:13: Der hat das Haus seiner Nachbarin.

00:03:15: angezündet und wurde auch verurteilt.

00:03:18: Und er hat im wahnhaften Glauben gehandelt, dass er sich bei seiner Nachbarnung um eine Hexe handelt.

00:03:25: Und ja, er war offenbar auch nicht der Einzige in dem Ort.

00:03:28: Das ist wirklich das verrückteste daran.

00:03:32: Nur mal kurz zur Einordnung für unsere Hörerinnen und Hörer, die vielleicht aus dem Raum Nürnberg erlang kommen.

00:03:38: Der Fall trug sich in Maylach zu, nämlich im Eischgrund.

00:03:42: Ja, richtig.

00:03:42: Damals lag Meylach noch im Landkreis Höchstadt an der Eisch und dann später gab es eine Gebietzreform.

00:03:48: Das ist jetzt Landkreis Erlangen Höchstadt.

00:03:50: Zwischen Höchstadt und Neustadt Eisch, könnte man sagen.

00:03:54: Und das ist ein Gemeindeteil von Lorna-Stadt heute.

00:03:56: Und nun mal für die Hörerinnen und Hörer, die dich noch nicht kennen.

00:03:59: Du bist praktisch in dem Bereich Reporter.

00:04:03: Genau, ich bin Lokalreporter der Nordbayerischen Nachrichten Erlangen Höchstadt und bei den Erlangen Nachrichten.

00:04:09: Toll.

00:04:10: Ja, jetzt gehen wir mal zurück ein paar Jahrchen.

00:04:13: Was ist denn damals dort geschehen?

00:04:17: Ja, es war der Pfingstmontag, neunzehntunterzechzig.

00:04:21: Und nachts muss die Feuerwehr dann plötzlich ausrücken.

00:04:25: In dem Ort steht ein Haus in Flammen, ein altes kleines Bauernhaus, das einer Frau gehört, vierundsechzig Jahre alt.

00:04:33: Sie kann sich gerade noch aus dem brennenden Haus retten.

00:04:37: Und die Polizei hat dann noch in der Nacht einen Tatvertechtigen festgenommen.

00:04:43: Einen fünfundzwanzigjährigen, den Nachbarn.

00:04:46: Und nach den ersten Ermittlungen wird den Polizisten damals schnell klar, das ist ein ungewöhnlicher Fall, weil er das Haus offenbar angezündet hat, weil er davon ausging, dass die Frau eine Hexe sei.

00:05:01: Und ja, man musste zu sagen beide der Täter und auch Die Frau sind schon lange verstorben.

00:05:10: Ich kann mir vorstellen, dass man das jetzt nicht jeden Tag hat, dass man ein Haus löschen muss, weil dann eine mutmaßliche Hexe drin wohnt.

00:05:18: Wie bist du denn auf diesen Fall gestoßen?

00:05:21: Wie so oft?

00:05:24: Durch Nebensätze, wenn man sich mit Bekannten unterhält, eine Bekannte von mir, hat mich darauf hingewiesen, dass eine Gästeführerin im Eischgrund die Führungen zu so sagen Legenden und historischen Begebenheiten plant, diesen Fall auch aufnehmen will in ihre Führung.

00:05:42: Und da habe ich mir gedacht, da habe ich ja noch nie was davon gehört.

00:05:46: Hexel, neunzehntzig Haus verbrannt.

00:05:48: Ich habe eigentlich gedacht, ich kenne mich da... recht gut aus bei uns.

00:05:52: Und hab dann erst mal ältere Kollegen gefragt.

00:05:55: Die haben auch mit den Achseln gezuckt, die haben das auch nicht gekannt.

00:05:58: Und dann haben wir gedacht, okay, umso spannender.

00:06:00: Ich hab erst gedacht, naja, gut, das kennen vielleicht alle schon.

00:06:03: Umso spannender.

00:06:04: Also gerade mal zu kurios ist, ne?

00:06:06: Genau.

00:06:06: Also, ich bin dann auch darauf gestoßen, auch überregional, die Presse berichtet damals.

00:06:12: Ja, und da hab ich halt begonnen zu recherchieren.

00:06:15: Jetzt nimm uns mal mit ... Das ist jetzt schon weich hinher und man hat vielleicht noch ein bisschen was rumlegen, aber wie sieht denn da so eine Recherche konkret aus?

00:06:27: Also zunächst habe ich beim Landgericht in Bamberg, ich wusste, dass dort der Prozess stattgefunden hat, nachgefragt, Presse stelle, die haben von dem Fall... Ich hätte mir auch vorstellen können, dass Sie in der Pressestelle sagen, ja, das kennen wir den Fall.

00:06:43: Wir haben da auch schon mal was drüber geschrieben, irgendwie für unsere Pressearbeit oder so.

00:06:48: Nee, wussten Sie nicht.

00:06:49: Und gleich auch der Dämpfer-Akten gibt es keine mehr.

00:06:52: Die wurden alle vernichtet.

00:06:54: Die Aufbewahrungszeit der Akten war Ihnen schon längst verstrichen nach den Sechzig

00:06:57: Jahren.

00:06:59: Und ja, die Akten waren vernichtet.

00:07:01: Ich wusste aber, dass es Zeitungsberichte gab, weil der Prozess damals, wie gesagt, überregional auch für Aufsehen gesorgt hat.

00:07:08: Und dann bin ich zu unserem Archiv und hab dort nachgefragt und die Kollegen sind ja immer aufzack bei uns, haben ja auch recht schnell dann die Artikel, die bei uns damals erschienen sind und besorgt und ich habe auch mit dem Archiv der Süddeutschen Zeitung, haben die Kollegen Kontakt aufgenommen und haben dann mir auch die Artikel von der SZ dazu.

00:07:34: Also dann hast du praktisch die Artikel über dem Prozess bekommen.

00:07:37: und weil ich das jetzt gerne an der Stelle einmal mit dir besprechen wollen würde, was ist denn damals in dem Prozess rausgekommen?

00:07:47: Also der Mann, der Täter, war vom Beruf Mechaniker nebenbei auch Wünschel-Routengänger.

00:07:54: Selber Hexe.

00:07:56: Ja, es gibt ja einige Menschen, die da dran laufen.

00:07:58: Und

00:07:58: wenn sie sich gar nicht damit anlegen, ne?

00:08:00: Also jeder so machen wir will.

00:08:01: Also sie ja zur Wasseradern

00:08:02: suche oder so.

00:08:03: Also das steht jedenfalls in diesen Gerichtsberichten.

00:08:05: Die Gerichtsberichte in den Zeitungen waren dann auch meine Hauptquelle, um erstmal zu rauszufinden, was damals da geschehen ist.

00:08:12: Und dieser Mann, der hat damals offenbar im Wurzhaus, und er war offenbar auch öfter und gern mal im Wurzhaus, nach etlichen Bienen immer wieder dann nur ein Thema gekannt, und zwar seine Nachbarin, diese Hexe.

00:08:25: Und die müsse weg und hat immer wieder auch mal angedeutet, dass da was passieren wird, dass man da was unternehmen müsse gegen sie.

00:08:35: Und so eben auch an diesem Tag.

00:08:38: Da hat er dann laut Zeugen gesagt im Wurzau, die Feuerwehrleute von Meilach brüchten sich jetzt gar nicht schlafen legen.

00:08:44: Und das war dann auch so.

00:08:46: Um zwanzig Uhr, fünfzehn mussten die ausrücken.

00:08:49: Und ja, die vierundsechzehnjährige Frau kam schreiend und.

00:08:54: mit Brandwunden aus dem Haus gerannt.

00:08:57: Der Dachstuhl ist ausgebrannt.

00:08:59: Und bei dem Brand kamen ihre Tiere ums Leben.

00:09:02: Das waren nicht besonders viele, das waren eine Kuh, drei Hühner.

00:09:06: Und sie hatte drei Hunde, wo auch laut Gerichtsbericht zwei Hunde in dem Haus verbrannt sind.

00:09:13: Und ja, die Frau hat dann bei der Polizei ausgesagt, dass er der Täter auch nachmittags schon mal bei ihr vorstellig wurde.

00:09:21: Also, bevor er im Witzhaus war.

00:09:23: Genau, am Nachmittag soll er sie, also so hat sie es ausgesagt, bedroht haben und mit dem Holzprügel auch geschlagen.

00:09:33: Das hat dann auch eine Nachbarin von der Frau bestätigt, weil die sixty- vierjährige sich dann zu der Nachbarin geflüchtet hat.

00:09:40: Draußen stand der fünfundzwanzigjährige mit dem Holzprügel in der Hand und schrie, du bist der Hex, du bist der Drecksau, ich bring dich um.

00:09:50: Und ja.

00:09:54: Er wurde nach der Brandschiftung in der Nacht dann gleich noch festgenommen und hat alles zugegeben.

00:09:59: Und hat sich rausgestellt, er hat einen Heuhaufen neben dem Bauernhaus angezündet, hat es dann wieder gelöscht, hat er offenbar Skruppel bekommen, hat es dann aber doch angezündet, dann hat er noch was aufs Dach geworfen, um die Frau zu warnen.

00:10:14: Es wurde ihm vor Gericht dann wohl auch noch ein bisschen mildernd ausgelegt.

00:10:20: Okay, und letztlich wurde er dann wegen ... Brandstiftung und versuchten Totschlag zu drei Jahren Haft verurteilen.

00:10:27: Okay, verrückt, verrückt die Geschichte, vor allem das Anzünden löschen, Anzünden warnen, also verrückt irgendwie.

00:10:36: Ich glaube, die Frage, die will gerade alle, die dir zuhören im Kopf haben, warum dachte der denn eigentlich, dass die Frau eine Hexe ist?

00:10:46: Ja, das ist natürlich die spannendste Frage.

00:10:51: Er hat sich offenbar von ihr verflucht gefühlt, würde ich sagen.

00:10:56: Er war ja Handwerker und immer wenn er mal sein Werkzeug nicht gefunden hat oder was kaputt war, hat er gleich immer sie bezichtigt.

00:11:03: Sie hätte das verhext oder weg versteckt.

00:11:07: Und wenn was schief ging, es war halt immer sie schuld, die Nachbarin.

00:11:12: Vor Gericht hat er damals auch ausgesagt.

00:11:14: Sie habe ihm blutige Streamen auf dem Rücken gehäxt.

00:11:16: Oder wenn er aus Albträumen erwacht, schaut er aus dem Fenster raus und dann steht plötzlich sie nachts vor seinem Haus.

00:11:22: Also laut er so zu Wahnvorstellungen.

00:11:25: Und er hat offenbar an so übersinnliche Dinge geglaubt, wie den bösen Blick.

00:11:30: Und ja, wie gesagt, da war er offenbar nicht der Einzige.

00:11:37: Ganz kurzer Exkurs, weil ich neulich in einem Hexenmuseum war und genau darum ging es ja damals, also vor vielen, vielen Jahren noch weiter zurück als die sechziger Jahre, ja auch, dass die Leute praktisch ... Ein Grund brauchten zu denken, dieses Unglück, was sie gerade haben, wenn irgendwie so eine Ernteschief ging oder so.

00:11:58: Es gibt einen Grund dafür und das ist die Frau nebenan im besten Fall.

00:12:01: Also eigentlich wiederholt sich genau das, was damals auch schon die Gründe war, weshalb man Frauen als Hexen bezichtigt hat.

00:12:07: Erfrückt, dass sich das nicht weiterentwickelt hat über die Jahre.

00:12:10: Ja, ist auch die gute Frage.

00:12:12: Ich habe mir dann auch die Frage gestellt, ob es ... So was es nicht auch heutzutage noch gibt, vielleicht in dieser Form, aber vielleicht zum Beispiel in der digitalen Form.

00:12:21: Also Mobbing, das geht ja auch Richtung Mobbing und Zündenbock.

00:12:26: Ausgrenzung, das ist da so das Thema.

00:12:28: Und Ausgrenzung, es war jetzt nicht nur der Täter, der diese Warnvorstellung hatte, sondern auch im Ort muss laut Gerichtsberichten Das ist damals schon auch verbreitet gewesen sein, auch nicht nur in diesem Ort.

00:12:41: Das finde ich ja besonders verrückt, darauf kommen wir jetzt bestimmt gleich.

00:12:43: Also du hast es ja eingangs schon gesagt, eben, dass das nicht nur einen in Anführungszeichen ohne ihm jetzt nahe treten zu wollen, ein Verrückter, der da irgendwie was anfängt, sondern dass das halt mehrere sind.

00:12:57: Wie genau sah das aus?

00:12:59: Ja, also die Kriminalpolizei hat damals offenbar nicht schlecht gestaunt, als sie dann so ermitteln begannen.

00:13:06: und sich dann rausgestellt hat, dass in dem Ort es etliche Leute gab, auch aus der Nachbarschaft.

00:13:12: Ja, das war halt die Hex.

00:13:15: Verrückt!

00:13:16: In den Sechzigerjahren,

00:13:17: das muss man sich ja immer mal wieder im Kopf behalten.

00:13:20: Das ist jetzt nicht hundert Jahre, nicht zweihundert Jahre oder sonst was her, so ein Sechzigerjahr.

00:13:27: Ja, es ist halt eine Form von Arbeit, glaube ich, die sich aus uralten Zeiten gehalten hat.

00:13:32: Das hat damals auch ein Sachverständiger vor Gericht ausgeführt.

00:13:36: Die Kinder im Dorf warfen ihr halt Steine aus Haus hinweg gerannt, Erwachsene haben die Straßenseite gewechselt, wenn sie kam, weil halt die Leute gedacht haben, es bringt Pech, Pech, weil die Leute halt gedacht haben, es bringt Pech, wenn man ihr ins Gesicht schaut oder genau.

00:13:54: Und es ist in den Gerichtsberichten damals, sie haben das auch recht ausführlich beschrieben, auch die Rede davon Aberglaube unter Landwirten oder in der ländlichen Region dort.

00:14:10: Und demnach hätten sich zum Beispiel Manche Bauern, also man muss vielleicht dazu sagen, es ist nicht alle waren.

00:14:19: Und

00:14:19: auch nicht nur in diesem Ort.

00:14:21: Es ist jetzt hier auch kein Meilach-Pasching oder irgendwie Eischgrund.

00:14:26: Aber es ist verbrieft, dass es damals Landwirte gab und durchaus auch nicht nur katholische, die daran geglaubt haben, dass Menschen mit übernatürlichen Kräften dran schuld sind, wenn ihre Kühe zum Beispiel weniger oder gar keine Milch mehr geben.

00:14:40: Als Gegenmittel hat man dann haben sie dann zum Beispiel die Mistgabeln mit den Zinken nach außen gegen die Wand gelehnt nachts.

00:14:47: Es wurde der Stall mit Weihrauch ausgeschwenkt oder mit Weihwasser ausgespritzt.

00:14:54: Und ja, es war auch immer mal die Räder von Landwirt die nachts mit den Peitschen durch die Straßen gehen oder über die Feldwege, um die bösen Geister zu vertreiben mit dem Geknalle.

00:15:06: Und ja, auch von Hexenbannern und von einer Gegenhexe war da mal die Rede in dem Gerichtsprozess.

00:15:11: Gegenhexen, was ist denn das?

00:15:14: Ja, das ist so genau nicht bekannt.

00:15:18: Die Polizei hatte sowohl auch ein bisschen ermittelt.

00:15:22: Der Begriff wurde damals jedenfalls vor Gericht erwähnt.

00:15:25: Die Rede war von sogenannten Einrichterinnen.

00:15:30: Könnt mir vorstellen, dass man sich das als rudimentäre Physiotherapeutinnen, also vom Einränken her, wenn die Knochen mal nicht wollen, herkommt.

00:15:41: Und die sollen quasi als Nebenjob auch so Hexenbannerei gemacht haben.

00:15:46: Aber näheres hat die Polizei dann dazu auch nicht rausfinden können.

00:15:51: Warnend.

00:15:51: Das ist ja ein interessanter Geschäftszweil, könnte man fast sagen.

00:15:57: Der Glaube an solche Sachen ... Klingt dann jetzt so nach deinen Ausschulungen als wäre der relativ verbreitet gewesen?

00:16:04: Ja, was heißt verbreitet?

00:16:05: Ich habe es ja gerade schon angedeutet.

00:16:08: In manchen Gegenden war es wohl nicht unüblich, dass es solchen Arbeitglauben noch gibt, wie der Sachverständige damals meinte.

00:16:17: Und wie gesagt, es war auch nicht nur unter katholischen Menschen so.

00:16:21: im Nachbarort, habe ich gelesen, katholische Pfarrer sich noch drüber lustig gemacht haben über die Protestanten, die noch an diesen Hexen quatsch glauben.

00:16:30: Also das ist ja dann auch verkehrte Welt.

00:16:32: Ja, ja, komplette Gegensätze.

00:16:34: Ja, genau.

00:16:35: Und übrigens hat der damalige Bürgermeister des Ortes vor Gericht auf die Frage des Richters, wie warten das mit der Hexe da im Dorf zu Protokoll gegeben?

00:16:48: Ja, natürlich gibt es Hexen.

00:16:51: Und das ist der Bürgermeister.

00:16:52: Das heißt, Sowas wie Aberglaube von amtlicher Stelle.

00:16:56: Und das hat natürlich für großes Aufsehen gesorgt.

00:16:59: Ja klar.

00:17:01: Verrückt.

00:17:04: Jetzt kommen wir mal zu der Frau, die deren Haus angezündet wurde und die ja in Maylach als Hexe bezeichnet wurde.

00:17:13: Wer war die Frau?

00:17:16: Also in dem Berichten wird sie als zurückgezogen, eine schrullige Frau beschrieben.

00:17:23: Es gibt auch ein Foto von ihr.

00:17:25: Das ist ein Bericht der Nürnberger Nachrichten damals erschienen.

00:17:29: Das Foto zeigt sie am Tag nach dem Brand vor ihrem Haus.

00:17:33: Und darauf sieht sie aus, wie Bauersfrauen damals halt oft ausgesehen haben.

00:17:39: Sie hat so eine Schürze an eine lange, so ein Rock, ein Kopftuch und den Berichten zufolge kam sie ursprünglich aus Bamberg, wo sie mit einer Freundin zusammen gewohnt hat.

00:17:54: und ist in der Nachkriegszeit nach Meilach zu ihrem Bruder gezogen.

00:17:59: Der ist einige Jahre darauf dann verstorben und dann wohnt es sie dann allein in dem Haus, im Meilach kleineres Haus.

00:18:07: Und man muss sich die Umstände wohl recht einfach und eher ärmlich vorstellen, in denen sie lebte.

00:18:13: Sie hatte wie gesagt nur eine Kuh und nur ein kleines Stück Wald offenbar und lebte halt von dem bisschen Gemüse, was das Feld hergab.

00:18:23: Und offenbar war das im Ort auch der Grund, warum getuschelt wurde.

00:18:26: Wie kann die Frau denn da überhaupt über die Runden kommen?

00:18:30: Mit dem wenigen.

00:18:31: Und ja, ich habe mich dann umgehört und dann habe ich, bin ich auch auf einen, ich habe mich da ein bisschen umgehört und bin dann auch auf einen Zeitzeugen gestoßen.

00:18:41: Oh, okay, spannend.

00:18:42: Was hast du von dem erfahren?

00:18:46: Ja, ich habe mit einem älteren Herrn gesprochen.

00:18:48: Der war damals ein Kind und er kann sich noch Besonders gut an die Sache erinnern, weil diese angebliche Hexe nach dem Brand, die war ja dann obdachlos, das Haus nicht mehr bewohnbar, bei seinen Eltern unterkam.

00:19:04: Es war laut Bericht auch nicht so einfach für die Frau jemanden zu finden, der sie aufgenommen hat.

00:19:11: Und die Familie von diesem Mann, da hat sie dann ein halbes Jahr gewohnt.

00:19:15: Und er kann sich noch an diesen Er hat es gesagt, an den komischen Trompetentonen mitten in der Nacht erinnert.

00:19:21: Er war als Kind im Bett gelegen und hört plötzlich die Trompete und ich so, ja die Trompete, ja die Feuerwehr hatte damals noch keine Sirene, da hat er, da wurde die Trompete noch geblasen.

00:19:32: Und ich habe ihn natürlich gefragt, was das für eine Frau war und er meinte, dass das ein ganz harmlose, normale Frau gewesen ist.

00:19:42: Vielleicht ein bisschen besonders hat er gesagt und er hat gesagt, heute würde man vielleicht sagen Hippie.

00:19:49: Und er hat gesagt, ja, aber das hat es ja damals noch nicht gegeben.

00:19:52: Ähm, neunzehnzechzig, ähm, auf dem Land, die Hippis waren da noch nicht vorhanden.

00:19:58: Da waren die noch in San Francisco, wenn überhaupt.

00:20:01: Ähm, ja, und sie hat recht spartanisch gelebt von dem bisschen Gemüse, was der Acker hergab.

00:20:07: Er hat gemeint, vielleicht ein bisschen alternativ so, wie wenn jemand halt autonom leben will.

00:20:12: Und ja, vielleicht gab es deswegen auch so ein bisschen die Skepsis.

00:20:17: Er hat gemeint, Die Toleranz sei damals nicht bei jedem besonders ausgeprägt gewesen.

00:20:24: Und wer dann nicht so ins System gepasst hat, der war halt ein schnellen Sonderling.

00:20:29: Aber, und das muss man schon sagen, er hat auch betont, bei Weiten, nicht alle in dem Ort, haben wir an diesen Hexenquatsch geklaut.

00:20:39: Kannte er denn auch den Täter?

00:20:42: Ja.

00:20:44: Und er sagt, ja, der hatte halt Wahnvorstellungen.

00:20:47: eine psychologische Behandlung habe er nie bekommen und stattdessen hat er halt offenbar dem Alkohol gefreund und der hat dann sein Übriges getan.

00:20:57: Im Prozess allerdings, was in den Berichten steht wurde, hat der Gutachter bei ihm keine psychische Erkrankung feststellen können, er lediglich halt einen Rauschzustand.

00:21:11: Okay, jetzt zum Schluss würde mich noch interessieren, wie ist es denn mit der Frau weitergegangen?

00:21:17: Also wie gesagt, nach dem Brandt hat sie ja dann bei der Familie Obdach gefunden für ein halbes Jahr und ist dort mit ihrem überlebenden Hund untergekommen.

00:21:28: Sie ist dann weggezogen.

00:21:30: Ich habe auch versucht, noch rauszufinden, wo sie dann gelebt hat.

00:21:34: Sie ist ja dann allerdings noch vorm Prozess ein Jahr später, neunzehnundsechzig, verstorben.

00:21:40: Und da hat sich die Spur dann für mich verloren.

00:21:46: Der Hund übrigens, den sie mit bei der Familie hatte, den hat sie auch dort gelassen.

00:21:51: Der hat dann noch jahrelang bei der Familie gelebt, hat mir der Zeitzeuge gesagt.

00:21:55: Das war quasi das Haustier der angeblichen Hexe.

00:21:58: Ja, der Hund der Hexe, der angeblichen Hexe.

00:22:02: Ganz sicher kann es ja niemand von uns sagen, also keiner trotzdem.

00:22:06: Ich will jetzt hier nix schüren.

00:22:08: Nee, sorry, jeder selber glauben wir will.

00:22:11: Vielen Dank auf jeden Fall, dass du da warst, Christian.

00:22:13: Unglaublicher Fall, unglaubliche Geschichte.

00:22:15: Bin gespannt, wie ihr den Fall fandet.

00:22:18: Vielen Dank euch auch fürs Zuhören.

00:22:19: Wir hören uns dann in zwei Wochen wieder.

00:22:21: Bis dahin.

00:22:35: Tschüss.

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